Einkaufslisten, To-do-Listen, Top-10-Listen, Listen mit Wünschen und Geschenkideen – sie alle sind nichts anderes als Ausdruck meines Bedürfnisses, die Welt in überschaubare Portionen zu teilen und das Chaos des Lebens in eine beruhigende Ordnung zu bringen. Über die Jahre hat das zu einer beeindruckenden Sammlung halb vollgeschriebener Notizbücher geführt, aber auch zu einer irgendwann unüberschaubaren Zettelwirtschaft. Ich fing an, mich im wahrsten Sinne des Wortes immer mehr zu verzetteln.
Im Laufe der Zeit habe ich deshalb etliche Methoden ausprobiert, um mehr Struktur in meine Planungen zu bringen. Am Ende aber erwiesen sich die Kalender, die es zu kaufen gibt, für mich stets als unzulänglich. Das beginnt schon damit, dass das Wochenende darin üblicherweise den wenigsten Platz einnimmt – dieses für mich als Künstlerin mit Vollzeitjob aber genau die Zeit ist, in der ich am meisten erledige. Mir fehlte aber auch irgendwie die Möglichkeit, all die anderen kleinen Listen meines Alltags zu integrieren. Alles in allem war ich frustriert.
Auf das Konzept Bullet Journal stieß ich vor bald zwei Jahren erstmals in einem YouTube-Video. Es war Liebe auf den ersten Blick. Über den künstlerischen Aspekt machte ich mir dabei zunächst noch keine Gedanken, es war vor allem das organisatorische Prinzip, das mich auf Anhieb überzeugte. Denn die dem Bullet Journal zugrundeliegende Idee ist so logisch wie genial: Ich selbst gestalte das Kalenderraster nach meinen Bedürfnissen. Der eine braucht vielleicht nur eine Seite für eine Woche, dem anderen reicht das gerade mal für einen Tag. Manch einer plant gerne das ganze Jahr im Voraus, ein anderer setzt sich lieber jede Woche hin, um Pläne zu schmieden. Für mich kristallisierte sich schnell eine Doppelseite pro Woche als ideal heraus. Zum einen habe ich so alle Aufgaben einer Woche im Blick, zum anderen kann ich den Wochenenden so viel Platz einräumen, wie ich möchte. Dazwischen tauchen immer wieder Seiten auf, auf denen ich noch zu lesende Bücher notiere, Ideen für Videos skizziere oder schlicht aufliste, welche Songs ich gerade mag. Mein Bullet Journal ist nicht einfach nur ein Kalender, es ist fast so etwas wie ein Tagebuch.
Und dann ist da natürlich noch die künstlerische Komponente. Ich gebe zu, sie war es, die mich anfangs am meisten abschreckte. Wenn man erst einmal beginnt, sich mit dem Thema zu beschäftigen, sieht man so viele wunderschöne Beispiele, dass einem praktisch alles, was man selbst zu Papier bringt, absolut stümperhaft und unkreativ erscheint. Mein Ausweg war anfänglich die Konzentration aufs Handlettering, denn damit hatte ich schon ein wenig Erfahrung und konnte ohne großen Aufwand einzigartige Designs entwerfen. Jeden Monat versuchte ich mich an einer anderen Schriftart, und erst, als sich das eingespielt hatte, wagte ich mich hier und da auch an kleine Illustrationen.
Mittlerweile ist nicht nur das Bullet Journal nicht mehr aus meinem Alltag wegzudenken. Ich freue mich auch jeden Monat darauf, mich an einem Wochenende hinzusetzen und mir das Design für den kommenden Monat auszudenken. Ich bin mutiger geworden und probiere heute auch Illustrationen aus, die ich vor einem Jahr nicht einmal ansatzweise in Betracht gezogen hätte. Das Experimentieren ist unverzichtbarer Teil meiner Bullet-Journal-Reise geworden, denn auch wenn all die schönen Bilder im Internet etwas anderes behaupten: nicht Perfektion ist das Ziel, sondern Persönlichkeit. Jedes Bullet Journal ist einzigartig und spiegelt auf diese Weise seinen Besitzer wider.