Die Gründe mögen glaubhaft sein, dass, wenn eine Serie von misogyner Handhabung zur weiblichen Dominanz schwenkt, die Fanbase und Kritiker nicht minder daran beteiligt sind. Denn als in der fünften Season der Serie Game of Thrones die Gewalt ihren Zenit erreichte, verlief die sechste in entgegengesetzter Richtung. Als nach der ersten Season davon berichtet wurde, Game of Thrones sei eine Art „gewaltverherrlichender Mittelalter-Porno“, so entwickelte es sich zunehmend in eine an der Story orientierte Geschichte, die am Ende ausnahmslos starke Frauenrollen an die Spitze setzte.
Bereits in der dritten Season wiesen Kritiker und Blogger darauf hin, wie facettenreich und komplex die weiblichen Charaktere seien, neben denen die männlichen lediglich ihren am Stereotyp orientierten Part abspielen. Verdeutlicht wird dies vielleicht in den oft weniger populären Charakteren, wie Brienne of Tarth (Gwendoline Christie), die das ritterliche Ideal samt Rüstung und Kodex verkörpert. Besonders aber in einer Arya Stark (Maisie Williams), einem Mädchen, das von Rache getrieben gegen große Männer bestand und in einer patriarchalen Welt besser mit dem Bogen und Schwert zurecht kommt als ihre Brüder.
Während die männlichen Rollen oft eindimensional und einfach gestrickt, maskulin wirken und zur Gewalt bereit oder ehrenhaft sind, so gleicht das Mienenspiel einer Cersei Lannister (Lena Headey) einem ausgewachsenen Theaterstück. Cersei behauptet sich als Mutter, als Gattin, als Geliebte, als Intrigantin, niemals jedoch in einer physisch stärkeren Position; sondern alleine durch ihre Stellung als „The King’s Mother“, und besteigt am Ende, nachdem ihr letztes Kind gestorben ist, selbst den eisernen Thron.
Ein weiteres gelungenes Beispiel ist Sansa Stark (Sophie Turner), die ältere Schwester von Arya. Sie dient von Anfang an als Spielball der politisch Mächtigen, inszeniert als schwaches Mädchen, mit der Bürde oder Sicherheit ihres Namens. Sie wird von einer Hand zur nächsten gereicht und erfährt Gewalt am eigenen Leib. Am Ende der sechsten Season ist es jedoch sie, die ihren Bruder (Kit Harington) und dessen Heer dazu verleitet, ihre Heimat „Winterfell“ zurückzuerobern; sie ist es, die diplomatische Entscheidungen trifft und Überzeugungskunst beherrscht. Während ihr Bruder als „The King in the North“ gekrönt wird, verdankt er diesen Sieg jedoch ihrer Initiative.
Und es darf nicht vergessen werden, die kleine Lyanna Mormont (Bella Ramsey) zu erwähnen, die trotz ihres jungen Alters tapfer ihre Stimme hebt und die Männer des Nordens schlussendlich überzeugt, Jon als ihrem rechtmäßigen „King in the North“ zu folgen.
Wenn die bisher aufgezählten Charaktere, erst in den letzten Seasons Erfolge verbuchen konnten, so stand Daenerys Targeryen und „Mother of Dragons“ (Emilia Clarke), bereits ab der zweiten Season an der Quelle der Macht. Die durch ihren Bruder (Harry Lloyd) erzwungene Hochzeit mit dem Khal (Jason Momoa), dem Herrscher eines barbarischen Reitervolkes, verleiht ihr eine gewisse Machtposition. Als dieser stirbt, führt sie den gemeinsamen Gedanken, den eisernen Thron zurückzuerobern, fort. Sie verkörpert eine Vision, unterstützt von drei Drachen und hartem Willen, befreit Sklaven aus Jahrhunderte langer Tradition und schart Heere von Kriegern um sich, nicht durch Zwang, sondern aus deren freier Entscheidung. Schlussendlich schließt sie Allianzen mit drei Häusern der „Seven Kingdoms“, deren Frauen entweder auf Rache oder Rückeroberung ihrer Länder pochen. Sie alle möchten eine bessere Welt schaffen als deren Gatten und Väter sie hinterlassen haben, ohne taktische Hochzeiten und ohne Intrigen.
Bild © RTL II
2 comments
Sehr schöne Kurzportraitierung, meine Lieblinge sind ja irgendwie Arja (natürlich wer mag sie nicht) und Brienne (endlich eine vernünftige Kriegerin!). Mich würde noch deine Meinung zu Melisandre interessieren, schließlich ist sie die rote Priesterin und hat den Herren Baratheon ganz schön in der Mangel…
Schwierig. Sehr schwierig. Ich werde überlegen und vielleicht/vermutlich einen weiteren, u.a. mit noch nicht genannten Charakteren machen. Danke für die Idee 😀