Friedl: Björk
Inspiration ist so eine Sache. Ich denke, je ähnlicher die Kunst der Vergötterten der eigenen Ausdrucksweise ist, desto mehr Einfluss auf das eigene Leben gewährt man ihr. Man erlaubt ihr, alte Wunden aufzureißen oder sich wie die kuscheligste Decke der Welt um einen zu legen.
Mir ist erst spät aufgefallen, dass es sich bei mir meist um einen Vergötterten handelt, der meinen Schreib-, Kleidungs-, Zeichen-, oder Whateverstil beeinflusst. Doch nicht immer.
Könnt ihr euch noch an die Eröffnugszeremonie der Olympischen Sommerspiele 2004 erinnern?
Diese magische Isländerin mit der Stimme, die so zerbrechlich und zugleich so wütend und laut klingen kann. Die zugleich unglaublich ehrlich in ihrer Kunst wirkt, aber dennoch eine Bühnenpersona ist. Die ausrastet, wütet, kindisch ist, manchmal unschuldig und zart, manchmal gemein, machmal sinnlich. Temperamentvoll. Abgebrüht. Unglaublich schön. Unglaublich hässlich.
Björk war genau das, was eine 11-jährige Friedl in ihrem Leben gebraucht hat. Eine Heldin, die auch das macht, was sie will, fühlt, wie sie fühlt und niemals überlegen würde, ob dies oder jenes Verhalten vielleicht nicht weiblich genug ist. Einfach sein. Ohne Kompromisse. Auch wenn man damit sehr sehr oft auf die Fresse fällt.
Solche Frauen braucht die Welt. Echte, die einen immer immer überraschen können. Die faszinierend sind.
Jes: Emily Brontë
Mit der Aufgabe, etwas über eine reale Heldin zu schreiben, war ich ehrlich gesagt ein wenig überfordert. Kino und Literatur vermitteln uns eine völlig überzogene Vorstellung davon, was es bedeutet, heldenhaft zu sein. Und so war es am Ende gerade die Idee der Mythenbildung, der Übersteigerung, die mich auf Emily Brontë brachte, der vielleicht wichtigsten Frau meiner Jugend. Die Schwestern Charlotte, Emily und Anne Brontë gehören zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen Großbritanniens, sie alle waren herausragende Geschichtenerzählerinnen, die jedoch zu Lebzeiten unter männlichen Pseudonymen veröffentlichten. Emily schrieb in ihrem kurzen Leben nur einen einzigen Roman, Sturmhöhe, dessen Stil roh wirkt und der für die Zeit ungewöhnlich brutal ist, was so überhaupt nicht zum viktorianischen Frauenbild passte. Charlotte beschrieb ihre Schwester in einem biographischen Essay später als naiv und weltfremd, als Wunderkind, das eigentlich nicht wusste, was es tat. Heute weiß man, dass Emily ganz im Gegenteil eine hervorragende Bildung genossen hat, sogar selbst als Lehrerin tätig war – und Sturmhöhe keineswegs nur ein Glückstreffer. Für mich macht das Emily Brontë sowohl als Frau als auch als Schriftstellerin letzten Endes wesentlich beeindruckender.
k4tze: Masih Alinejad-Ghomi – Gründerin „My Stealthy Freedom“
Masih wurde 1976 im Iran geboren und lebt aktuell in London, wo sie als Journalistin und Autorin tätig ist. Mediale Aufmerksamkeit bekam sie 2014, als sie die Facebook-Seite „My Stealthy Freedom“ gründete und mit der Aktion #meninhijab iranische Männer dazu aufrief, den „compulsivity hidschab“ zu tragen. In Iran gibt es seit 1979 das Kopftuch Gebot, was durch eine Sittenpolizei streng kontrolliert und sanktioniert wird.
Masish Alinejad ruft Irannerinnen dazu auf, gegen das Gesetz den Kopftuch-Zwang von 1979, aufzubegehren und für ihre Freiheit zu kämpfen. Sie spricht sich gegen die „Kopftuch-Solidarität“ westlicher Politikerinnen aus, plädiert aber für freie Entscheidungsmöglichkeit der Betroffenen. Durch die Plattform gibt sie Frauen eine Möglichkeit, sich ohne Kopftuch zu präsentieren und informiert über die Geschehnisse in der iranischen Welt.
Lena: Virginia Woolf
Virginia Woolf (1882 – 1941) war literarische Avantgardistin, Essayistin, Verlegerin, Feministin, leidenschaftliche Spaziergängerin, (vermutlich) bisexuel, psychisch krank. Das alles macht sie zu einer der wichtigsten Figuren in der englischen Literaturgeschichte und zu einem Menschen. Aber was sie zu meiner Heldin macht, was mir half, das Ende meiner Adoleszenz und den Beginn meines Erwachsenseins zu überstehen, ist ihre Wahrnehmung der Welt und der Menschen darin. Beide sind ein großes, unenthüllbares Rätsel, das einfach stehen gelassen werden muss, das nur aus der Ferne betrachtet werden kann, mit einem subjektiv abgeschlossenen Geist, der in Wellen durch das Leben rauscht. Aber ihr gelingt es trotzdem, das Unfassbare, das Fließende im Fluss zu ergreifen und subjektive Wahrheiten in die schönsten sprachlichen Bilder zu gießen. Virginia Woolf war jahrelang mein Zuhause, meine weiche Kuschelhöhle des Verständnisses, eine übersteigerte Version meiner selbst. Ihr Foto prangt schon seit zehn Jahren neben meinem Bett und lindert meine Einsamkeit in diesem komischen Dingsbums, diesem „luminous halo, a semi-transparent envelope surrounding us from the beginning of consciousness to the end“. Und nicht ohne Grund leuchtet in unserem Logo ein Turm. To the lighthouse, my friend …
What was it then? What did it mean? Could things thrust their hands up and grip one; could the blade cut; the fist grasp? Was there no safety? No learning by heart of the ways of the world? No guide, no shelter, but all was miracle, and leaping from the pinnacle of a tower into the air? Could it be, even for elderly people, that this was life? – startling, unexpected, unknown? For one moment she felt that if they both got up, here, now on the lawn, and demanded an explanation, why was it so short, why was it so inexplicable, said it with violence, as two fully equipped human beings from whom nothing should be hid might speak, then, beauty would roll itself up; the space would fill; those empty flourishes would form into shape; if they shouted loud enough Mrs. Ramsay would return.